Ich bin Wolfenstein-Fan seit dem "ernsthafteren" RtCW und habe auch die letzten Ableger für die PlayStation 4 mit großer Freude durchgespielt. Nachschub wurde seitens der Hersteller immer wieder angekündigt und so rechnete ich fest mit einer Fortsetzung des letzten Teils The New Colossus. Doch mit diesem Spin-Off ist etwas kurioses herausgekommen.
Mit den Teilen The New Order und The new Colossus etablierte Machine Games eine gut erzählte Story um den ewigen Überhelden BJ Blazkowicz ("Terror-Billy") in einem alternativen Szenario, in dem die Nazis (dt. das "Regime") den 2. Weltkrieg gewinnen. Viele Momente, epische Endgegner und eine stets bombastische Präsentation blieben im Gedächtnis. Natürlich waren auch die neueren Wolfensteins reine Action-Gewitter und wollten auch nie mehr sein. Doch die Liebe zum Detail (vor allem in den zahlreichen Seitenhieben auf den uberdeutschen Nazisprech) machte die Marke meiner Meinung nach immer besser als der Shooter-Einheitsbrei der Konkurrenz.
Mit Youngblood ging man nun einen komplett anderen Weg - weg von der starren Singleplayer-Kampagne hin zur dynamischen Multiplayer-Open-World - dieses Mal entwickelt in den Arkane Studios. Als Protagonisten dienen nicht mehr BJ und sein Team sondern seine Zwillingstöchter Soph und Jess. Diese müssen im Paris des Jahres 1980 ihren verschollenen Vater suchen. Von Anfang an mit der Maschinenrüstung bekleidet (die man im Vorgänger erst später erhält) bietet das Spiel einen sehr actionreichen Einstieg und führt den Spieler in die kleinen, aber sinnvollen Änderungen des Gameplays ein.
Doch wie Anfangs schon erwähnt: Youngblood ist ein Multiplayer-Shooter. Das bedeutet, man beginnt keine Kampagne sondern erstellt einen Server. Oder man tritt einem bei. Oder man bleibt komplett privat. Und die Teilnehmerzahl ist - des Szenarios wegen - auf zwei Teilnehmer*innen beschränkt. Eine*r spielt Soph, eine*r spielt Jess. Das wären normalerweise die Zutaten für richtig gute Co-op-Action. Doch das vorhandene Potential wird leider in keinster Weise voll ausgeschöpft.
Spielt man alleine, übernimmt die KI die Steuerung des Partners. Die ist recht gelungen, wobei sich die gemeinsamen Aktionen auf schießen, heilen und beidseitiges Schalterdrücken (was oft sehr aufgesetzt wirkt) beschränken. Aber die KI steht selten im Weg und sorgt auch anderweitig für wenig Hindernisse. Allerdings war die Motivation nach knapp zwei Stunden Spielzeit am Boden. Die vom HQ erteilten Aufträge beschränken sich auf Attentate und Botengänge. Manchmal wartet ein mehr oder weniger schwer gepanzerter Sondergegner, doch die epischen Bossfights der Vorgänger wurden ersatzlos gestrichen.
Leider wird das Spielerlebnis mit einem menschlichen Mitstreiter nur bedingt besser. Klar ist es motivierender, zusammen die Levels zu erkunden und auch mal alternative Lösungen auszuprobieren. Doch auch nach längerer Spielzeit verlässt man das Stadtgebiet nie. Es ist sogar notwendig, für verschiedene Missionsziele immer wieder die gleichen Abschnitte zu bereisen und sich abermals durch die immer gleichen Gegnerhorden zu schießen. Taktisches Vorgehen ist selten notwendig. Durch Levelaufstiege kann man sich zwar immer bessere Waffen craften, doch die Gegner werden auch stärker. Somit bleibt man immer im Grinding gefangen.
Dabei hätte der Spin-off-Titel genauso gut wie seine Vorgänger sein können. Die Stimmung wurde für Wolfenstein-Fans wieder perfekt eingefangen, der bekannte Proll-Humor (wie wäre Tetris oder Snake, wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten?) findet auch wieder statt und man findet eine Menge Referenzen zu den Vorgängern. Doch eine lahme Story und mangelnde Abwechslung lassen Youngblood im Mittelmaß stagnieren. Auch die als Patch erschienen Schatzkarten verlängern nur die Spielzeit, erhöhen jedoch nicht den Spielspaß.
Btw: Die hier ausgewählte Ultimate Edition enthält einen Code, in dem man eine*n Freund*in gratis als Mitspieler einladen kann - diese*r muss sich nur die Demo herunterladen. Meiner Meinung nach lohnt sich nur diese Version, im Single-Mode hätte ich dieses Spiel nie durchgespielt.